Bimbo's Blog

29 Mai 2007

Heiße Luft und heißer Tee

Wieder mal im Flugzeug zwischen Peking und Frankfurt. Der Urlaub mit meiner lieben Frau liegt vor mir mit einem Kurztrip nach Schweden und nicht zu vergessen mit einer Ballonfahrt über Schwerin, dem Geschenk zur schon über ein Jahr zurückliegenden Silberhochzeit. Ob es geglaubt wird oder nicht, ein weiterer Grund meiner Freude liegt in den gemäßigten Temperaturen, die mich in Deutschland und mit Sicherheit auch in Schweden erwarten. In Wuhan hat seit einigen Tagen wieder die große Hitze Einzug gehalten. Ganz "schlimm", sprich heiß und schwül war das vergangene Wochenende. Am Samstag habe ich mich erst nach 17:00 Uhr aus meinem Apartment gewagt und einen Spaziergang unternommen. Und am Sonntag hätte ich es sicher nicht anders gemacht, hätte gegen 14:00 Uhr nicht Helen mit ihrem Sohn an meine Tür geklopft. So sind die Chinesen oft, spontan und aus heiterem Himmel wirst du überfallen. Sicher hatte sie vor einiger Zeit mal erwähnt, dass sie mir unbedingt zeigen müsse, wie man richtig chinesischen Tee zubereitet und trinkt, aber das an einem tropen-heißen Sonntag? Da halfen keine Ausflüchte meinerseits. Der einzige Kompromiss, den sie akzeptierte war, mit dem Taxi hinzufahren und nicht einen entweder heißen oder kalten, aber auf jeden Fall vollen Busse zu benutzen. Los ging es also Richtung Hankou, am Yellow-Crane-Tower vorbei, über die erste Brücke, der Schnellstraße zwei Kilometer abgerungen und letztlich ein Stück an der Hochbahntrasse entlang - und schon waren wir am Ziel, in der "Tee-City". Inmitten der Wohnhochhäuser ein Areal von einstöckigen Gebäuden mit einer Unzahl von Teegeschäften. Ich war erstaunt, welche Pflanzen die Chinesen alles zu Tee verarbeiten. Natürlich gab es eine Unmenge Sorten grünen Tees. Daneben hatte ich aber den Eindruck, dass fast alle Blumen zu Tee verarbeitet werden. Von Klee, über Nelken bis hin zu Astern und Rosen - faszinierend. Den Rundgang durch die Tee-City unterbrachen wir mit einer Vorführung des originalen Teezubereitens in einer der kleinen Teestuben. Ich will gar nicht erst versuchen diesen komplizierten Prozeß zu schildern, ich würde mit Sicherheit ein wichtiges Detail vergessen. Zumindest habe ich gelernt, dass man grünen chinesischen mit gutem Gewissen bis zu achtmal mit heißem Wasser übergießen kann, wobei der dritte bis fünfte Aufguss die genussreichsten sind. Soweit also heiße Luft und heißer Tee am Sonntag, eine Mischung, die unter bestimmten Umständen durchaus zueinander passt. Und nach was hat der Rosentee am Sonntagabend geschmeckt? Nach Rosen, was sonst.

23 Mai 2007

Jingle Bells bei 32 Grad

Ich weiß nicht, ob ich schon darüber berichtet hatte, aber gestern war mein "großer" Tag vor einer dritten Klasse in einer chinesischen Privatschule. Der Sohn meiner Bekannten fragte mich vor einigen Wochen, ob ich nicht in seiner Klasse etwas über Deutschland und über mich erzählen könnte. Warum nicht, dachte ich mir, nur keine Gelegenheit auslassen, dieses Land näher kennen zu lernen. Dem gestrigen Tag vorausgegangen war in der letzten Woche eine kurzer erster Besuch in der Schule, während ich mich mit der Klassenleiterin und der Englischlehrerin unterhalten habe. Das erste, was mir schon da auffiel war das extrem niedrige Durchschnittsalter der Lehrer. Die junge Englischlehrerin schätze ich nicht älter als 24 Jahre und die Klassenleiterin war sicher um die 30. Das Schulgebäude ist ca. 5 Jahre alt und macht von außen einen wirklich guten Eindruck. Von innen relativiert sich das etwas, zumindestet für deutsche Augen. Die an die Bauqualität angesetzten Maßstäbe sind halt nicht so hoch wie in Deutschland. Für ein Jahr Schulbesuch in der 3. Klasse muss Helen 12.000 Yuan auf den Tisch legen, also rund 1.200 Euro. Sicher ist das für deutsche Verhältnisse sehr moderat. Wenn man aber bedenkt, das Helen ca. 70.000 Yuan im Jahr verdient, sieht das schon anders aus. Ein siebtel ihres Jahresgehaltes geht also für den Schulbesuches Ihres Sohnes drauf. Es handelt sich um eine Schule mit angeschlossenem Internat und die Kosten für Unterbringung und Verpflegung jeweils von Montag bis Freitag sind in den 12.000 Yuan inbegriffen.
Nun also gestern die große Stunde. Direkt vom Büro bin ich in einen der wie immer knackevollen Busse gestiegen und zur Schule gefahren. Bus oder Taxi macht um diese Zeit in Wuhan keinen Unterschied, beide müssen sich durch den dicken Verkehr quälen. Das schüle Wetter brachte den Schweiß auf meinem Rücken dazu, in Strömen nach unten zu laufen. In der Schule angekommen wurde ich mit großem Hallo und einem groß an die Tafel geschriebenen "Welcome Hans!" begrüßt. Die aufgeregten Kinder hatten auch extra ein Lied für mich gelernt oder zumindetest wieder aufgefrischt. Aus 44 Kehlen schallte mir "Jingle Bells" entgegen! Bei schwülen 32 Grad eine gut gelungene Überraschung. Ich hatte mich mit einer kleinen Powerpoint-Präsentation vorbereitet und brauchte nur meinen Laptop an das moderne Multimedia-Equipment des Klassenraumes anzuschließen. Den Beamer aus dem Büro hatte ich umsonst mitgeschleppt. Meine kleine Exkursion über Europa, Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin wurde von vielen "Aahs" und "Oohs" und "Beautiful" begleitet, Besonders die Bilder aus Schwerin hatten es den Kleinen angetan. Nach ca. 30 Minuten hatten die Kinder Gelegenheit, Fragen zu stellen. Natürlich waren das alles Fragen, die auch Kinder an fast jedem anderen Ort der Erde stellen würden. Sie reichten von "Magst Du Hunde?" über "Liebst Du China? und "Hast Du eine Tochter?" bis hin zu "Was isst man in Deutschland?". Natürlich haben wir uns für ein nächstes Mal verabredet. Dann werde ich Ihnen etwas über die Schulen in Deutschland und über meine Kinder erzählen. Nach einer Stunde wurde ich unter viel Lärm und Gewinke verabschiedet. Ein schöner Abend, der mir mit Sicherheit lange in Erinnerung bleiben wird.

18 Mai 2007

Ein Jahr in China!

Ich kann es kaum glauben, aber in der vergangenen Woche war es doch schon ein Jahr her, dass dich das erste Mal meinen Fuss auf chinesischen Boden setzte. Ich will jetzt nicht die üblichen Redensarten, wie "so schnell vergangen wie im Flug" oder "gar nicht gemerkt, dass schon ein Jahr vorbei ist" gebrauchen. Ein Jahr ist ein Jahr und natürlich wurde mir die Zeit manchmal ziemlich lang. Aber es ist auf jeden Fall so, dass man sich auch an China, oder besser gesagt - an Wuhan, gewöhnen kann. So verschieden die Kulturen auch sind, ich denke jeder Mensch kann mit etwas Toleranz und Einfühlungsvermögen an jeder fremden Kultur interessante oder auch liebenswerte Dinge entdecken. Und durch meine Bekanntschaft mit Helen habe ich die große Chance und Möglichkeit das ganz normale Leben einer durchnschnittlichen chinesischen Familie kennen zu lernen. Natürlich bin ich mir auch hier bewusst, dass dieser Einblick in reales chinesisches Leben auch nur ein Mosaiksteinchen sein kann, aber kein unwesentliches.
Ich darf natürlich nicht vergessen, dass ich zum Arbeiten hier bin und das Kennenlernen der chinesischen Kultur eigentlich nur ein intressanter Nebeneffekt ist. Und da muss ich nach einem Jahr konstatieren, dass ich hier nicht so zufrieden bin, wie ich es mir erhofft habe. Die Gründe sind sehr vielschichtig und ich möchte sie auch nicht in meinem Blog erläutern. Jetzt wird es in unserem Projekt langsam ernst mit der technischen Ausrüstung, die ja genau genommen mein Spezialgebiet ist. Es besteht also noch berechtigte Hoffnung, dass sich auch hier alles zum Positiven wendet.
Ich glaube, dass ich nun nach einem Jahr "Bergfest" feiern kann. Aber es kann auch alles ganz anders kommen. Vielleicht bin ich schneller wieder in Deutschland als ich denken kann oder vielleicht liegt mein "Bergfest" erst irgendwo in der Zukunft. Alles ist möglich!

07 Mai 2007

Natur in Wuhan

Ja, ich hätte es wirklich nicht für möglich gehalten, dass es in Wuhan so herrliche Flecken Natur geben kann. Und das gleich zweimal an einem Wochenende. Am Samstag stand der Botanische Garten auf dem Programm. Etwas kurios sind hier die Eintrittspreise. Ein einmaliger Besuch für einen Erwachsenen kostest 30 Yuan Eintritt, kauft man aber eine Jahreskarte, bezahlt man nur 45 Yuan. Das heisst, diese Jahreskarte lohnt sich schon ab zwei Besuchem in einem Jahr. Und hätte ich vorher gewusst, wie schön und (zum Teil) gepflegt die Anlage ist, hätte ich mich mit Sicherheit für die Jahreskarte entschieden. Der Wuhaner Botanische Garten erstreckt sich am Fuße des MoShan-Hügels am East-Lake über ein relativ großes Gelände. Wenn man hindurch spaziert kann man leicht vergessen, dass man durch einen Botanischen Garten lustwandelt, weil man durch einen riesigen Park läuft. Nur die Hinweisschilder an den Bäumen und Pflanzen erinnern einen daran, wo man sich befindet. Da das vergangene Wochenende in der sogenannten "Goldenen Woche" lag, der Woche der Maiferien, war der Park gut besucht. Aber überall, wo sich die Chinesen zum Picknick niederlassen oder an einem Kiosk etwas zu sich nehmen liegt Abfall herum. Die "Abfallbeseitiger" kommen nicht so schnell hinterher, wie die Besucher des Parkes ihren Abfall fallen oder liegen lassen. Aber wie gesagt, ansonsten eine schöne, erholsame Anlage, in der man so richtig relaxen kann. Am beeindruckendsten war für mich das große Glashaus mit dem tropischen Regenwald. Phantasievoll angelegt und sehr gut in Schuss. Natürlich war es drinnen tropisch warm und feucht. Ich habe nur das Krächzen wirklich tropischer Papageien vermisst.
Am Sonntag ging es dann wieder an den East Lake, aber dieses Mal in das MoShan-Naherholungsgebiet, das ich letzten Herbst schon mal besucht habe. Jetzt im Frühsommer sieht selbstverständlich alles viel freundlicher aus. Dieses direkt am East-Lake gelegene Gebiet, für dessen Betreten natürlich auch Eintritt zu entrichten ist und für das das Gleiche mit den Jahreskarten zutrifft wie für den Botanischen Garten, ist im Prinzip ein sehr großer Park mit vielen Vergnügungsmöglichkeiten. Für Faule fährt eine Seilbahn zur MoShan-Pagode, die über dem Berg trohnt. Wir sind natürlich die vielen Stufen emporgeklettert und haben uns dann von oben die Sicht über den East-Lake gegönnt. Leider wie fast immer sehr dunstig. Ansonsten wurde hier eine kleine Einkaufsstraße im altertümlichen Stil errichtet, in der Souvenire angeboten werden und wo man einem Glasbläser bei der Arbeit zuschauen kann. Auf der Freilichtbühne boten Laienkünstler ihrer Darbietungen und fast überall waren große Skulpturen mit historischem oder mystischem Hintergrund zu bestaunen. Die Idylle wurde am Seeufer allerdings stark von den auf dem Wasser dahinflitzenden Motorbooten gestört, die zusätzlich die gemächlich dahin schippernden Tretboote und andere zu mietende Wasserfahrzeuge in starke Schaukelbewegungen versetzten.
Insgesamt ein erholsames Wochenende mit viel Natur - das geht auch in Wuhan!
Hier die passenden Bilder dazu: Klick mich!

02 Mai 2007

1. Mai in Wuhan - kein politischer Tag

Der 1. Mai, früher einmal der Kampf- unf Feiertag der Werktätigen, hatte in Wuhan mit diesem Klischee überhaupt nichts gemein. Freilich war bei stahlendem Sonnenschein und sehr angenehmen Temperaturen anscheinend wieder ganz Wuhan auf den Beinen, aber jedenfalls nicht unterwegs zu einer Maidemonstration. Vielmehr war an diesem ersten der insgsamt sieben freien Tage Shopping in Reinkultur angesagt. Das Einzige, was diesen Tag von einem normalem Wochenende unterschied waren einige Folkloregruppen, die, ich nehme an nach alter chinesischer Tradition, ihre Trommeln und andere Schlaginstrumente lautstarl in Szene setzten. Ich gebe zu, für ein europäisches Auge ein ungewohnter, aber interessanter Anblick.
Ich hatte mich an diesem Tag mit Helen und ihrem Sohn verabredet. Sie hatte versprochen, mir eine christliche Kirche un Stadtteil Wuchang zu zeigen. Mitten im Häusermeer, von Hochhäusern umzingelt, plötzlich ein Gebäude, dass von Nahem nicht wie eine Kirche aussah. Die Kirchturmspitze mit dem christlichen Kreuz war nur aus angemessener Entfenung zu sehen. Überhaupt hatte diese Kirche nichts mit dem gemein, was man in Deutschland unter einer christlichen Kirche kennt. Zugegeben, ich bin kein Kirchenfachmann, aber was ich hier zu sehen bekam hat mich dann doch etwas verblüfft. Als wir das Gebäude betraten wurden wir freundlich begrüsst und konnten aus einem der größeren Räume Gesang vernehmen. Höflich wurden wir in diesen Raum komplimentiert, der auf den ersten Blick wie eine weiß getünchte, schmucklose Aula aussah. Das einzige, was mich an eine Kirche erinnerte waren die in Reih und Glied aufgestellten Bänke. Diese ware zu ca. zwei Drittel von meist älteren Frauen besetzt, unter denen sich auch einige ältere Männer befanden. Und dann erlebte ich so etwas wie religiöse Karaoke. Die Frauen wechselten sich beim Singen ab, manchmal allein, manchmal in kleinen Gruppen, und sangen nach frei erfundener Melodie jeweils kurze Texte aus der Bibel. Der Einladung, auch ein Lied zum Besten zu geben bin ich natürlich nicht nachgekommen. Nicht aus falscher Eitelkeit, sondern weil ich mich ein bischen wie ein Betrüger gefühlt hätte, ein Atheist, der sich einer religiösem Gesangsstunde beteiligt. Nachdem wir uns freundlich von der Gesangsrunde verabschiedet hatten folgte noch ein kleiner Streifzug durch das Kirchenbegäude, das gleichzeitig als Kirchenschule und Internat dient. Für mich war es äußerst beeindruckend, wie diese Menschen unter extrem einfachen und fast ärmlichen Bedingungen ihrem Glauben nachgehen. Helen sah es mehrere Male als notewendig an mir zu erklären, dass keiner dieser Menschen irgendwelche Repressalien wegen seiner Glaubensbekundung befürchten muss.Die nächtse Station an diesen schönen Tag war eine christliche Buchhandlung. Hier kann jedermann aus einer großen Zahl von Büchern mit christlichem Thema wählen. Einige nur in chinesisch, einige wenige aber auch zweisprachig in englisch und chinesisch. Ich bin natürlich auch wieder meiner Büchersucht erlegen und habe mir ein interessantes Buch in englischer Sprache mit dem Titel "Ein freundlicher Dialog zwischen einem Atheisten und einem Christen" gekauft - sehr interessant.
Um auch den Wünschen von Helens Sohn nachzukommen besuchten wir als nächstes die Hubei-Provinzbibliothek, eine aus mehreren großen Gebäuden bestehende Institution, die auch an diesem Feiertag sehr gut besucht war. Hier konnte man jede erdenkliche Zeitschricht lesen, natürlich auch solche aus den USA oder Japan. Für die Kids gibt es einen Extra-Saal mit einer großen Zahl von Computern, der wie zu erwarten war stark belagert war. Insgesamt bildete das gesamte Gelände der Bibliothek mit seinen stillen Lesesälen einen wirklichen Ruhepol im Wuhaner Getöse.
Am frühen Abend steht wohl für aller Wuhaner, mindestens für die aus dem Stadtteil Wuchang, ein Besuch auf dem Hong-Shan-Platz auf dem Programm. Ein einziges Getümmel, zumal an diesem Feiertag in regelmäßigen Abständen der große Springbrunnen mit seiner farbigen Wassermusik die Menschen begeistert. Insgesamt ein interessanter und abwechslungsreicher Tag, der nach der durchgehenden 8-Tage-Arbeitswoche auch verdient war.


P.S. Ein paar Bilder vom 1. Mai gibt es in der Bilder-Galerie