Bimbo's Blog

20 November 2007

Dreieinhalb Monate für Mao

Dreieinhalb Monate habe ich gebraucht um mich durch die rund 800 Seiten (ohne Anhänge) der Mao Biographie von Jung Chang und Jon Halliday zu arbeiten. Und was bleibt hängen? Die Biographie eines machtbesessenen, buchstäblich über Leichen gehenden und doch einsamen Menschen. Manchmal konnte ich nicht mehr weiterlesen, weil mir die beschriebenen Grausamkeiten, die an unschuldigen und wehrlosen Menschen begangen wurden, den Atem und den Mut zum weiter blättern genommen haben. Ich frage mich, was wohl passieren würde, wenn dieses Buch in China frei erhältlich wäre und viele Menschen zum ersten Mal erführen, was Mao und seine Diktatur wirklich für das Chinesische Volk bedeutet hat. Nach dieser Lektüre bin ich jedes mal noch mehr erschreckt, wenn ich bemerke wie viele Menschen - und vor allem sehr junge - Mao vorbehaltlos verehren und davon reden, was er großes für China getan hat.

13 November 2007

China live in Mulan - Teil 2

Der Sonntag morgen fing für meinen Kollegen und mich etwas grässlich an, nämlich mit einem echten Chinesischen Frühstück. Ich bin ja sonst der Chinesischen Küche recht angetan, aber mit dem Frühstück kann ich mich beim besten Willen nicht anfreunden. Scharfes Gemüse, steinhart gekochte Eier, irgendetwas besonders leckeres, das aussah und auch schmeckte wie kalte Hefeklöße und als "Getränk" etwas ähnliches wie eine dünne Reissuppe. Für die bekannte meines Kollegen war das ein tolles Frühstück, während sich uns fast der Magen umdrehte. Über die Esskultur, auch am Frühstückstisch, habe ich mich mal wieder gewundert. Höflichkeiten, wie zum Beispiel dass erst mit dem Essen angefangen wird, wenn alle am Tisch Platz genommen haben, sind den meisten Chinesen unbekannt. Auf der anderen Seite würden sicher auch viele Chinesen ein Frühstück in einem deutschen Hotel gräßlich finden - ganz ohne Nudeln. Da wir uns abends zuvor die Mobilfunknummer von "unserem" Taxifahrer notiert hatten war es nach dem Frühstück kein Problem, ihn zu ordern. Nun ging es allerdings die gesamte Strecke vom Mulan-Lake zum Mulan-Shan in einem dieser dreirädrigen Gefährte. Die Straßen waren leer, nur ab und zu schoss aus einer Seitenstraße oder einem Feldweg ein anderes Fahrzeug hervor indem es den Verkehr auf der Hauptstraße völlig ignorierte. Am Fuß des Mulan-Shan angekommen wurden wir sofort von einer Meute älterer Frauen überfallen, die uns unbedingt Weihrauchstäbe in allen erdenklichen Größen (von 20cm bis 2 Meter) verkaufen wollten. Die Damen waren so lästig, dass wir sie etwas unwirsch abwimmeln mussten. Eigentlich hatten wir vor, den Berg zu Fuß zu erklimmen. Natürlich hatten wir die Rechnung ohne den Wirt - oder besser gesagt - ohne vor Ort tätigen Kleinbusfahrer gemacht. Nachdem wir schon etwa 1000m gelaufen waren, redete der Fahrer eines Kleinbusses so lange auf uns ein bis wir weich waren und einstiegen, nachdem wir uns über den Preis geeinigt hatten. Schließlich mussten wir ihm Recht geben. Wir hatten die Länge des Weges zum Beginn der alten Tempelanlage auf dem maßlos unterschätzt. Die Tempelanlage besteht wie so oft aus vielen kleinen Gebets- oder Andachtshäusern, in denen die verschiedensten Heiligen angebetet werden können. Rechts und links der vielen Stufen zum Gipfel hinauf stehen auch viele Öfen (oder ähnliche Gerätschaften), an denen die Chinesen die Weihrauchstäbe entzünden und sich dann vor den Heiligen verneigen. Aus diesem Grund ist die gesamte Anlage von einer Weihrauchwolke umgeben, was dem Platz eine etwas mystische Note gibt. Von oben hat man einen weiten Blick über das Flache Land, vorausgesetzt es ist nicht dunstig. Ich habe einige Bilder auf meine Fotoseite hochgeladen. Schaut sie Euch an. Wie so oft sagen ein paar Bilder mehr als tausend Worte.
Die Rückfahrt nach Wuhan gestaltete sich ebenso konfus wie die Herfahrt am Tag zuvor. Am Fuße der Tempelanlage bekamen sich die Busfahrer um die nicht sehr zahlreichen Mitfahrkandidaten fast in die Haare. Der von uns ausgewählte Kleinbus wurde bis auf den letzten Kubikzentimeter mit Passagieren abgefüllt. Zwischen den normalen Sitzbänken saß auch eine alte Chinesin auf einem Klapphocker. Als der Bus sich in Bewegung setzte fing die alte Dame an jämmerlich zu greinen und zu weinen. Fast alle im Bus versuchten sie gemeinsam mit ihrer augenscheinlichen Tochter mit für meine Ohren etwas drastischer Lautstärke zu beruhigen. Der Grund für ihre Traurigkeit lag darin, dass sie das erste Mal in ihrem Leben auf dem Mulan-Shan war und ihre Heiligen anbeten konnte und sie der Meinung war, dass es auch ihr letztes Mal gewesen ist.
Wieder mal war ein Wochenende vorüber, während dem ich die Gelegenheit hatte, China wirklich live zu erleben. Leider ist das vielen Touristen, die wie fast überall in der Welt nur die Schokoladenseiten ihres Gastlandes vorgeführt bekommen, nicht möglich.

12 November 2007

China live in Mulan - Teil 1

Ca. 70 bis 80 km nördlich von Wuhan liegt - wir würden es Naherholungsgebiet nennen - der Mulan-Lake und einige Kilometer entfernt befindet sich auf dem Mulan Shan eine alte Tempelanlage. Dies was das Ziel meines Kollegen und mir am vergangenen Wochenende. Zum Glück begleitete meinen Kollegen seine Chinesische Bekannte. Ohne deren Unterstützung hätten wir weder unser Ziel erreicht, noch wären wir wohl überhaupt nicht richtig aus Wuhan herausgekommen. Um zum Mulan-Gebiet zu kommen fährt erst mit einem Stadtbus nach Huangpi, das noch in engerem Sinn zu Wuhan gehört. Dort sieht es alles schon ganz anders aus. Die Taxen sind keine mehr oder weniger intakte Citroen sondern durch die Reihe dreirädrige fahrende Untersätze. Auf dem Busbahnhof herrschte für uns Ausländer die typische chinesische Hektik. Nach dem wir den richtigen Kleinbus nach Mulan-Town ausfindig gemacht hatten und auch schon Platz genommen hatten stürzte plötzlich alles aus dem Bus in einen anderen, der aber schon fast voll war. Für uns Foreigner wurde noch ein bisschen zusammen gerückt und los ging es. Wie es schien, ging es nicht nach Fahrplan, sondern danach, wann der Bus voll ist. Und obwohl schon einige Leute im Mittelgang auf kleinen Klapphockern saßen wurde an Haltestellen und dort, wo ein paar Leute am Wegesrand standen langsamer gefahren und die "Busbegleiterin" schrie etwas aus dem Fenster - wie es schien das Reiseziel. Weit außerhalb der City von Wuhan ist die Dichte des Autoverkehrs ungleich geringer, aber nicht minder halsbrecherisch. Ohne auf den Verkehr auf der Hauptstraße zu achten preschten immer wieder dreirädrige Gefährte auf die Hauptstraße und veranlassten unseren Busfahrer zu halsbrecherischen Bremsmanövern. Die Kleinstadt (ich weiß noch nicht einmal ihren korrekten Namen) in der Nähe des Mulan-Lake, das Ziel unserer abenteuerlichen Busfahrt, empfing uns mit fast dörflicher Atmosphäre. Eine lange breite Straße, gesäumt von maximal zweistöckigen Gebäuden, in deren Erdgeschoß meist irgendwas gehandelt wurde, zum Mittagessen eingeladen wurde oder in denen sich auch Werkstätten von Handwerkern befanden. Alles machte einen ziemlich schmuddeligen und staubigen Eindruck. Das Essen in einem der reichlich vorhandenen spartanischen kleinen Restaurants entschädigte uns allerdings für diesen Eindruck. Die köstliche Fischsuppe nach Landesart war wirklich ein Genuss. Mit gefüllten Magen machten wir uns auf den Weg zu unserem Hotel am Mulan-Lake, dem "Weißen Haus". Da wir nicht genau wussten, wie weit das Hotel von der Stadt entfernt war, machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Unterwegs wurden wir "Langnasen" immer wieder mit einem "Hello" oder auch einfach nur mit einem Lächeln gegrüßt. Das Novemberwetter zeigte sich von seiner Zuckerseite und nach dem guten Mahl tat uns der Fußmarsch gut. Nun, außerhalb der Stadt, durchquerten wir aber wirklich das echte China. Zum Teil wirklich armselige Behausungen säumten die Straße und dort wo eine Behausung war, lag auch viel Müll herum. Auf der anderen Seite sahen wir in fast jedem Haus, oder besser in jeder Behausung, einen Fernseher flimmern. Als wir in die Nähe des Mulan-Lake kamen empfing uns unüberhörbar Baulärm. Mehrere Ferienanlagen werden hier aus dem Boden gestampft. Anderseits sahen wir auch einen fast fertig gestellten Gebäudekomplex - wahrscheinlich als Hotel geplant - als Investruine in der Landschaft stehen. Und plötzlich sahen wir schon von weitem eine weiße Kuppel in der trüben Sonne schimmern. Je näher wir kamen, desto mehr wurde uns klar, dass der Begriff "Weißes Haus" nicht zufällig gewählt wurde. Ein stattliches Gebäude, das dem Weißen Haus in Washington nachempfunden sein muss stand plötzlich vor uns. Als Tagungshotel konzipiert, mit einer ganzen Anzahl - wie wir es nennen würden - Ferienhäusern war der Komplex aber zu dieser Jahreszeit allerdings fast ohne Besucher. Nach unserem Eindruck waren etwa soviel Gäste wie Hotelpersonal anwesend. Wie sich das bei einem Zimmerpreis von umgerechnet 25 Euro rechnet bleibt wohl auf immer ein Geheimnis. Die Hotelzimmer, in einem Seitengebäude untergebracht, entsprachen voll und ganz westlichem Standard und es gab nichts zu mäkeln. Beim Spaziergang über das Gelände des Hotels fiel uns auf, was eigentlich auch für Wuhan gilt. Von weiten machen viele Gebäude einen wirklich guten Eindruck, sobald man aber direkt davor steht, sieht man, dass der Begriff Instandhaltung oder Werterhaltung hier noch ein Fremdwort sein muss. Die von weitem wirklich attraktiv aussehenden Ferienhäuser waren aus der Nähe ziemlich heruntergekommen. Verrottete Türen, blinde Fenster und abplatzende Farbe war nur das, was man von außen sehen konnte. Ich musste unwillkürlich an meine Besuche mit meiner Familie an Makkum in den Niederlanden denken. Dort stehen auch Ferienhäuser an einem See - aber immer Top in Schuß.
Zur Fahrt zum Abendessen in die Stadt oder das Dorf bestellten wir uns ein Taxi - oder besser gesagt eines der dreirädrigen Gefährte. Diese Fahrten sind ein Erlebnis, das man einfach nicht beschreiben kann - man muss es erleben.

04 November 2007

Fiebrig in Wuhan

Nun hat's mich mal kräftig erwischt. Am Dienstag bekam ich plötzlich Schüttelfrost und Fieber. Zu allem Unglück hatte ich auch noch einem neuen Kollegen zugesagt, ihn vom Flughafen abzuholen. Und was ich einmal zusage, halte ich in der Regel auch. Also habe ich mich dick eingepackt und habe mein Versprechen eingelöst. An den kommenden Tagen habe ich mich so recht und schlecht durch die Büro-Arbeit gequält und verschiedene, heiß empfohlene chinesische Medizin zu mir genommen. Ob sie letztendlich geholfen hat, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Jedenfalls ging es mir am Samstag merklich besser. In Deutschland wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit diesem Infekt zum Arzt gegangen. Hier will ich das aber wirklich nur im Notfall tun. Die Erfahrungen eines Kollegen, der der begründeten Aufassung war, dass er an einer Stirnhöhlenvereiterung litt, haben mich erst einmal abgeschreckt. Ich möchte seine mir geschilderten Erlebnisse hier besser nicht erzählen. Sie würden möglicherweise zu stark verallgemeinert. Und ob das geechtfertigt ist, kann ich wirklich nicht einschätzen.