Bimbo's Blog

23 Dezember 2006

Weihnachten 2006 zu Hause

Ich weiß, Weihnachten ist mal wieder vorbei. Trotzdem möchte ich auf diesem Weg allen Lesern meines Blogs ein paar schöne, erholsame Tage im Kreise der Familie, mit Freunden, Nachbarn oder anderen netten Menschen wünschen. Ich hoffe, Ihr habt alle das Weihnachtsfest gut überstanden, die Geschenke ausgepackt, von denen hoffentlich keines umgetauscht werden muss und ihr habt den Wohlstandsmüll schon ordentlich entsorgt.
Fast eine Woche bin ich nun schon wieder in Deutschland und ich muss sagen, man gewöhnt sich unheimlich schnell wieder daran. Einiges ist natürlich noch immer ungewohnt, dass es morgens spät hell und abends zeitig dunkel wird, dass so viele blonde Frauen herumlaufen und dass man überall mit Messer und Gabel essen kann. Unser Terminkalender ist bis zum Rand gefüllt. Besuch von den Verwandten aus Rostock und Halle, Besuch bei bzw. treffen mit alten Freunden in Schwerin, ein Kurztrip nach Rostock, unsere Kurzreise nach Holland in unser geliebtes Makkum usw. Aber vorher wird zünftig Silvester gefeiert, denn schon mal Prost!

17 Dezember 2006

Dresdner Stollen in Wuhan

Den dritten Advent habe ich gestern zwar schon vorfristig, dafür aber zünftig begangen. Wir haben in Wuhan Kontakt zu Kollegen einer Dresdner Bühnenbaufirma, die hier verantwortlich am Bau des neuen Wuhaner Theaters beteiligt ist. Gestern waren wir von ihnen zu einer Besichtigung ihrer Baustelle eingeladen. Was ich da gemeinsam mit zwei anderen Kollegen vom OPB-Team zu sehen bekam war nicht nur sehr interessant, sondern auch sehr staubig. Das neue Wuhaner Theater soll im März eröffnet werden und natürlich wird jetzt mit Hochdruch gearbeitet, damit der Termin gehalten wird. Und auf der Baustelle wuselt alles durcheinander. Als Außenstehender kann man überhaupt kein System erkennen, nach dem hier gearbeitet wird. Dort wird nach chinesischer Methode Estrich verlegt (absolut manuell), hier werden die Treppenaufgänge mit feinstem italienischen Mamor verkleidet. Am zukünftigen Eingang wird eine fertige Konstruktion wieder zurück gebaut, weil ein Stahlträger an der falschen Stelle eingebaut wurde und über all Lärm und Staub. Fairerweise muss ich natürlich eingestehen, dass ich auf einer deutschen Theaterbaustelle noch nicht gewesen bin und damit eigentlich keinen Vergleich anstellen kann. Die Dresdner Kollegen versicherten uns allerdings, dass es auf einer deutschen oder europäischen Baustelle anders zugehen würde. Die beiden Sachsen haben uns nicht ohne Stolz "ihre" Baustelle gezeigt. Ist schon interessant zu sehen, was eigentlich hinter einer solchen Theaterbühne vor sich geht und was da für ein Haufen Technik versteckt ist - beeindruckend. Und die Chinesen wollen natürlich nur das Beste vom Besten. Zwei große Nebenbühnen und eine drehbare Hinterbühne mit einem Durchmesser von 18 Metern. Insgesamt hat das Bühnenhaus (sorry - ich weiß nicht, ob das der richtige Begriff ist) insgesamt eine Höhe von ca. 50 Metern, 18 Meter in die Tiefe und rund 30 Meter noch oben - überwältigend. Wie gesagt, alles noch ziemlich verstaubt und in Arbeit, aber wahrscheinlich werden wir Gelegenheit haben, uns kurz vor der Einweihung noch einmal davon zu überzeugen, dass das ein Theater geworden ist, auf das europäische Großstädte nur neidisch sein können.
Nach der Baustellenvisite gab es noch eine Überraschung - einen echten Dresdner Stollen, oder auch Striezel. In dem Restaurant, in das wir mit dem Stollen gezogen sind, ernteten wir nur erstaunte Gesichter als wir dem Personal klar machten, dass wir heißen Rotwein haben wollten. Als dann das ersehnte Getränk an den Tisch gebracht wurde, wurde ein Beutel Glühweingewürz hinein gehängt und in drei Minuten war der Glühwein fertig. Glühwein und Dresdner Stollen, besser kann man auch in Deutschland den dritten Advent nicht begehen. Na schön, als wir aus dem Restaurant kamen, war die Adventsstimmung schnell wieder verflogen. Gleißender Sonnenschein und milde Temperaturen - da hält keine Adventsstimmung lange an.
P.S. Es gibt ein paar neue Bilder! Nur rechts den entsprechenden Link anklicken.

15 Dezember 2006

"Last Christmas" am Morgen

Einer unserer Kollegen hat dem Busfahrer, der uns jeden Morgen ins Office fährt, eine CD mit Weihnachtliedern gegeben. Und so werden wir anstatt mit chinesischer Radiowerbung jeden Morgen mit "Last Christmas" beschallt. Nur wenn es wieder mal durch ein Schlagloch geht, gibt der CD-Player auf und wir haben die Werbung wieder im Ohr. Trotz dieser Beschallung mag sich keine richtige Weihnachtsstimmung einstellen. Da ändert auch unser bunter Plastikweihnachtsbaum im Office nichts daran. Gegenwärtig zeigt sich auch das Wetter von seiner guten Seite. Mit seinem Sonnenschein und den milden Temperaturen um die Mittagszeit trägt es wahrlich nicht dazu bei, vorweihnachtliche Stimmung aufkommen zu lassen.
Heute doch einmal ein paar allgemeine Worte über die Arbeit. Gerade in dienstlichen Besprechungen merke ich sehr deutlich, dass ich mich in einer anderen Kultur befinde, an die ich mich nicht so schnell gewöhnen kann. Heute haben wir mit dem Bauherren ein Problem diskutiert, das in Deutschland sicher in maximal 15 Minuten abgehandelt worden wär. Hier wird erst einmal groß und breit über Dinge gesprochen, die mit dem Kern der Sache nichts zu tun haben. Es ist immer wieder schwierig, die chinesischen Kollegen dann darauf aufmerksam zu machen, was eigentlich der Sinn der angesetzten Besprechung ist. Nach zweieinhalb Stunden erscheint dann plötzlich ein Vorgesetzter und das Problem ist schlagartig gelöst beziehungsweise der Kern der Sache ist wieder getroffen und es werden die richtigen Entscheidungen gefällt. Nicht nur, dass die Besprechung schleppend voran geht ist nervig, sondern auch, dass ungehemmt geraucht wird. Nach zwei Stunden kann man den blauen Dunst schneiden und die Kleidung ist reif für die Wäsche. Meine Kollegen versuchen mich während oder nach solchen Besprechungen immer damit zu trösten, dass sich früher oder später jeder daran gewöhnt und dass das eben zum vielgerühmten "Chinese Way" dazu gehört.

10 Dezember 2006

Ich kann mich nicht daran gewöhnen...

...an die offensichtlich Obdachlosen, die in Wuhan bei den relativ kalten Temperaturen auf der Erde liegen und an denen alle achtlos vorübergehen. Heute Mittag während meines obligatorischen Sonntagsspazierganges war es wieder ganz schön heftig. Ich habe sie nicht gezählt, aber auf meinem Weg lagen mindestens 5 Gestalten in Decken gewickelt und regungslos an Hauswänden oder fast in der Gosse. Ich habe es etwas beobachtet, kein Chinese schert sich darum, jeder geht vorüber und ignoriert den in seinen Lumpen daliegenden. Hundert Meter weiter strömen die Menschen in Luxus-Kaufhäuser und geben einen Haufen Geld für importierte Westwaren aus. Dazu kommen die vielen jungen Frauen mit ihren Babies oder Kleinkindern, die um einen Yuan betteln. Auch wenn ich nicht achtlos daran vorbei gehen kann und immer etwas Kleingeld dabei habe, das ich diesen armen Menschen in ihren Plastikbecher lege, so weiß ich doch, dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Aber offiziel gibt es in den Städten keine Armut. Aus meiner Sicht sind das Schandflecke auf der sonst so glitzernden Fassade der großen Städte. Diese Menschen sind aus irgendeinem Grund in Armut gekommen und es gibt absolut kein soziales Netz, das sie auffangen würde. Kirchliche oder charitative Einrichtungen wie in Deutschland, die wenigstens versuchen, den Obdachlosen zu helfen gibt es hier nicht. Das soziale Netz hat nicht nur große Löcher, es exisitiert einfach nicht. Und das alles unter dem offiziellen Dach einer sozialistischen Gesellschaft - traurig.

03 Dezember 2006

Weihnachten in Wuhan?

Das Fragezeichen im Titel des heutigen Beitrages ist wirklich berechtigt. Obwohl China ganz und gar kein christliches Land ist, war ich doch erstaunt, als vor ca. einer Woche in unserem Supermarkt plötzlich Weihnachtsdekorationsartikel zum Verkauf angeboten wurden. Die Chinesen gehen in der Regel achtlos daran vorüber. Dann ist mir bewusst geworden, dass gerade auf solchen Artikeln in Deutschland meist "Made in China" zu lesen ist. Was liegt dann näher, als die hier hergestellten Artikel auch hier zu verkaufen. Den nächsten "Schock" bekam ich, als unser Team letzte Woche aus Anlaß des Besuches eines verantwortlichen OPB-Mitarbeiters zum gemeinsamen Abendessen in ein gutes Restaurant einkehrte. Vor dem Eingang waren doch wirklich zwei geschmückte, in Lichterglanz strahlende Weihnachtsbäume aufgestellt. Also machte ich mich heute auf den Weg um weitere "Weihnachtsspuren" zu erkunden. Und ich bin auch fündig geworden, wie man auf den neu eingestellten Bildern sehen kann. Der Kommerz macht eben auch vor der chinesischen Provinz nicht halt. Und da Weihnachten bekanntlich dazu da ist, um Geschenke zu verteilen, die zuvor gekauft werden müssen, wird auch hier versucht, das Geschäft damit anzukurbeln. Es fehlt nur noch, dass in den Kaufhäusern "Last Christmas" gedudelt wird. Die übergroße Mehrzahl der Chinesen selbst hat allerdings zu Weihnachten überhaupt keinen Bezug.
Auf meinem nachmittäglichem Spaziergang bin ich dann zufällig auf einen ziemlich großen Volksauflauf gestoßen, der sich schon von weiten durch typisch chinesische Gerüche bemerkbar machte. Als ich dann näher kam entpuppte sich das ganze Markttreiben als so etwas wie ein Bauernmarkt. An unzähligen Ständen wurden überwiegend viele verschiedene Sorten von Nüssen, getrockenetes Obst und landwirtschaftliche Produkte, die ich beim besten Willen nicht identifizieren konnte, angeboten. Es war jedenfalls ein typisches chinesischen Gedränge und Geschiebe und auch ein großes Essen. Und wie es leider bei den Chinesen üblich ist, auch ein großes Wegwerfen. Sobald sie ihren Nudelpappbecher oder was auch immer leer gegessen haben wird dieser wo man gerade steht zu Boden gefallen lassen. Das natürlich vorhandene Reinigungspersonal kann den Müll gar nicht so schnell aufsammeln, wie er zu Boden fällt.
Der Höhepunkt des Tages war aber etwas anderes, nämlich ein Beweis der chinesischen Kopierkunst. Eigentlich kann man hier mit ruhigem Gewissen von Betrug sprechen. In Europa ist vor ca. 2 Wochen eine CD mit neu abgemischten Beatles-Songs unter dem Titel "Love" erschienen. Natürlich war mir klar, dass es nicht lange dauern würde, bis diese in abgewandelter Form auch hier in den diversen CD-Läden auftaucht. Und siehe da, leuchtet mir doch heute das Cover dieser Beatles-CD entgegen, natürlich als Doppel-CD in edler Holzverpackung. Ich hatte mich zwar schon bei amazon über die Playlist informiert, hatte sie aber natürlich nicht mehr im Kopf. Da ich annahm, dass es die Chinesen wie schon so oft gemacht haben (was heisst, neben den Titeln der Original-CD finden meist noch zusätzliche Titel Platz), legte ich die umgerechnet 1,20 Euro mit Freude auf den Tisch und ging mit der neuen Beatles-CD ins Appartment um sie sofort im Laptop anzuhören. Als erstes ging ich aber auf die amazon-Website, um nach der Playlist zu schauen. Und was sah ich? Eine völlig andere, als die Chinesen hier verkaufen und es ist kein einziger neu abgemischter Titel auf der chinesischen CD vorhanden. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lasse. Die kopieren das Cover der neuen CD und verkaufen damit irgend eine selbst zusammen gestellte Doppel-CD. Ein kleiner Trost bleibt, es sind sogar ein paar für mich völlig neue Aufnahmen dabei.