Bimbo's Blog

28 September 2006

Small Talk mit einem Botschaftsverteter

Zur Zeit weilt der Leiter der Abteilung Wirtschaft der bundesdeutschen Botschaft in Peking hier in Wuhan. Aus diesem Anlaß sollte ein Gespräch mit der deutschen Community in Wuhan stattfinden. Eigentlich hatte ich ursprünglich kein Interesse, aber dann hoffte ich durch dieses Gespräch ein paar Informtionen zu erhalten, die man nicht im Radio hört oder im Internet lesen kann. Also habe ich mich überwunden und bin gestern Abend mit unserem Teamleiter ins Shangri-La Hotel, eines der besten am Platz, gefahren. Beginn der Veranstaltung sollte 19:00 Uhr sein. Allerdings hatte der gute Mann den Verkehr in Wuhan drastisch unterschätzt und trudelte erst gegen 20:00 Uhr ein. Aber so schlimm war es auch nicht, es warteten ja nur ca. 10 Personen auf ihn. Großer Teilnehmerkreis war Fehlanzeige. Nach ausgiebiger Begrüßung und dem obligatorischem Visitenkartentausch fingen wir dann an zu plauschen. Anders als einen Plausch kann man das Gespräch leider nicht bezeichen. In den ersten Minuten zeichnete sich zwar ein interessanter Gesprächsfaden zum Beispiel über das tragische Transrapid-Unglück und über den zukünftigen Betrieb der im Bau befindlichen Eisenbahnstrecke von Wuhan nach Guangzhou ab, aber nach ca. 20 Minuten wurde das Gespräch immer seichter und vorherrschende Themen waren dann neben anderen Belanglosigkeiten die Hotel-Landschaft in Wuhan, mit welcher Fluglinie fliege ich am besten und am günstigsten nach China bzw. wieder weg und wie finden meine Angehörigen China. Das zog sich dann bis kurz nach 23:00 Uhr hin. Schade, vertane Zeit. Hätte ich lieber John Updike's "Unterm Astronautenmond" fertig gelesen. Ich glaube, das wäre anregender gewesen.

17 September 2006

Gerüche lassen sich nicht konservieren!

Wenn ich so durch die Straßen und Gassen Wuhans gehe stelle ich mir vor, ich könnte nicht nur Texte und Bilder ins Web stellen sonder auch Gerüche. Diese, die Nase manchmal verwöhnenden, manchmal strafenden Duftschwaden würden das Bild von Wuhan erst authentisch machen. Ich will gar nicht erst versuchen, diese Vielfalt von Ausdünstungen zu beschreiben. Ich werde nur versuchen, einige Situationen oder auch Örtlichkeiten zu schildern, bei denen mir die unterschiedlichsten Düfte in die Nase steigen. Da wäre zum Beispiel die Abzugshaube in meiner kleinen Küche. Wenn meine chinesischen Mitbewohner irgendwo unter mir anfangen ihre Mahlzeit zuzubereiten tun sie das whrscheinlich alle gleichzeitig. So riecht es dann jedenfalls bei mir. Vor diesem Geruch kann ich mich nur dadurch schützen, indem ich die Lüftung auf "max" stelle und das Fenster aufreise. Angenehmer riecht es natürlich in dem Backwarenshop, in dem ich mir vorhin ein kleines dunkles Brot gekauft habe. Obwohl es von einer merkwürdigen Konsistenz ist schmeckt es nicht schlecht. Der ganze Shop ist von einem starken süßlichem Aroma angefüllt. Es gibt wohl kaum ein Backerzeignis, das nicht irgendwie süßlich schmeckt. Auf der anderen Straßenseite befindet sich unsere "Stammkneipe", in der wir gelegentlich zu Abend essen. Auf dem Weg dahin müssen wir an einer "Müll- uns Abfallverteilerstation" vorbei. Das stinkt abscheulich. Ganz anders wieder gestern auf unserem Spaziergang durch die sogenannte "Fressgasse". In dieser nahe des Yangtze gelegenen ca. 200 Meter langen und an keiner Stelle mehr als 2 Meter breiten Gasse ist ein Verkaufsstand an den anderen gereiht. Hier sind alle erdenklichen Leckerbissen (aus chinesischer Sicht) zu haben: Krebse, Muscheln, Frösche, Schlangen aber auch eine Art Schnitzel, Hähnchen und Würste. Auf dieses Geruchskonglomerat trifft der Begriff "exotisch" wirklich zu. Keine zweihunder Meter weiter ein Fußgängertunnel, der wohl vielen Chinesen auch als Toilette dient - ekeleregend. Dies nur ein paar wenige Beispiele dafür, dass man in Wuhan nicht nur optisch einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt ist, sonder auch - wie sagt man? - geruchsmäßig.

P.S. Ich war mal wieder auf Fotopirsch. Ich denke, es sind ein paar interessante Aufnahmen dabei - also anschauen!

15 September 2006

Der 51. in Wuhan

Als ich vor einem Jahr mit lautem Getöse meinen 50. Geburtstag gefeiert habe, habe ich nicht im Traum daran gedacht meinen 51. mehr als 10.000 Kilometer entfernt in einer anderen Hemisphäre zu verbringen. Allen, die heute an mich gedacht haben meinen besten Dank. Es hat schon etwas Tröstliches, wenn man weiß, dass so viele Menschen an einen denken. Wie verbringt man nun seinen 51. Geburtstag in Wuhan. Völlig unaufgeregt. Zur Feier des Tages eine halbe aus Deutschland mitgebrachte Tafel Schokolade, die nun endlich weg muss, ein Bierchen und ansonsten läuft der Abend nicht außergewöhnlich ab. Außer dass heute etwas mehr telefoniert wird als sonst. Ich lasse es mir auch heute nicht nehmen, meine Englisch-Lektion zu absolvieren, von denen ich einige aufgrund meines Urlaubs nachzuholen habe, und in meinem gerade aktuellen Buch zu lesen. Zur Zeit schwimme ich auf der John-Updike-Welle und sicher kann ich erst damit aufhören, wenn ich alles gelesen habe, was in Deutschland von ihm erschienen ist, genauso wie es mit John Irving war. Eine kleine Geburtstagsfeier werde ich nächste Woche nachholen. Dann werde ich unser Team zusammen mit einem Kollegen, der am 19. September Geburtstag hat, zu "Giano's", dem chinesischen Italiener in Wuhan einladen, wo es leckere Steinofen-Pizza gibt.

10 September 2006

Ursprüngliche Reinheit und Revolution

Der gestrige Tag war ein Tag der Gegensätze wie sie schärfer wohl nicht sein können. Am Nachmittag machte ich mich mit meinem Kollegen auf den Weg zum Guiyuan Buddhist Temple oder auch Temple of Original Purity (Tempel der ursprünglichen Reinheit) im Stadteil Hanyang. Das Wetter ist zur Zeit sehr angenehm und lädt geradezu ein zum Sightseeing. Der Guiyuan Tempel gehört zu den vier größten Buddhistentempeln in der Povinz Hubei und ist einer der bedeutendsten in China. Besonders interessant war die Arhat Hall, in der 500 geschnitzte Statuen zu sehen sind. Diese sitzenden oder stehenden Jünger Buddhas bringen unterschiedliche Gemütszustände zum Ausdruck. Alles in allem eine sehenswerte Anlage. Hier habe ich das erste Mal in Wuhan eine deutschsprachige Reisegruppe gesehen. Auf dem Weg in den Stadtteil Hankou spürten wir wieder das pralle pulsierende chinesische Leben. Ich hatte das Gefühl, alle knapp 8 Millionen Wuhaner (oder Wuhanesen?) waren auf den Beinen. Am Abend dann nach einer guten Pizza beim chinesischen Italiener in die VOX-Bar. Und hier ging die Post ab. Angesagt war eine der ersten Wuhaner Punk-Bands, die seit dem Jahr 1996 existiert, mit einer zarten Chinesin an den Drums. Aber auch schon die zwei Vorbands ließen die Wände wackeln. Und hier komme ich zum im Titel angesprochenen Wort Revolution. Ein Song der zweiten Vorband mit dem Refrain "We don't need a revolution. We make our own revolution" (Wir brauchen keine Revolution. Wir machen unsere eigene Revolution.) war wohl das subversiveste, was ich bisher in China gesehen habe. Gemeinsam mit der Band auf der Bühne stand eine junge Chinesin, bekleidet mit Reizwäsche, einer offenen Mao-Jacke und einer Mao-Mütze auf dem Kopf. In den Händen hielt sie ein Megaphon durch das sie, wahrscheinlich passend zum Lied, Verse aus der Mao-Bibel vorlas. Und dazu der harte Sound der Band - einfach Wahnsinn. Leider wissen wir nicht, was für Verse da rezitiert wurden aber trotzdem war das ganze unwahrscheinlich beeindruckend. Und der Saal tobte natürlich. Wieder einmal eine Situation, die ich so auf keinen Fall in China erwartet hätte.

06 September 2006

Back in Wuhan

Nun bin ich schon fast wieder eine Woche zurück in Wuhan. Und wo soll ich anfangen zu berichten? Das der Urlaub in Deutschland schön war heisst wohl Eulen nach Athen zu tragen. Der Rückflug nach China war natürlich nicht mehr so aufregend wie der erste Flug im Mai. Ich wusste, wo ich wohnen werde, ich kannte meine Kollegen und war darüber im Bilde, was für Arbeit (oder Beschäftigung) mich erwarten würde. Also alles nicht mehr so aufregend. Man geht die ganze Sache natürlich viel gelassener an. Trotzdem waren die ersten Tage irgendwie sehr stressig. Es war heiss wie im Juli, der Warmwasser-Boiler in meinem Appartement wollte kein warmes Wasser mehr erzeugen, mein neuer Palm TX wollte nicht so funktionieren, wie ich es von ihm erwartete und wie Palm großspurig auf seiner Website verspricht und um das Fass zum überlaufen zu bringen wurde mal wieder in unserem Hochhaus das ganze Wochenende gewerkelt. Der heutige Besuch im "Schmutzigen Löffel" hat mich für den Streß doch etwas entschädigt. Obwohl die Bezeichnung "Schmutziger Löffel" eigentlich nicht mehr zutrifft. Ich wurde heute damit überrascht, dass jedem Gast eine verschweisste Packung mit einem Teller, zwei kleinen Schüsseln und einem (sauberen) Löffel serviert wurde. Dazu gab es ebenfalls in Plastik eingeschweisste Mehrzweck-Stäbchen. Ich denke, das ist ein gewaltiger Fortschritt. Ob dieser Wandel durch den Besuch eines Beamten vom Hygiene-, Ordnungsamt, oder wie die dafür zuständige Behörde hier sonst heisst verursacht wurde oder ob es eine Entscheidung war, die durch finanzielle Beweggründe verursacht wurde, habe wir nicht ergründen können. Auf jeden Fall müssen wir darüber nachdenken, ob der Titel noch angemessen ist.
Als ich vorhin aus dem "Schmutzigen Löffel" zurück war, wobei mein Mund noch immer von den heute extrem scharfen Speisen schmerzte - trotz der 3 Liter chinesischen Bieres - habe ich noch kurz mit meiner Tochter Claudia in Münster über ICQ gechattet. Und was habe ich erfahren? Dass sie mit dem USC Münster eventuell für ein paar Spiele nach Peking kommt. Ist das nicht wunderbar? Die Hauptsache, ihre Anwesenheit in China überschneidet sich nicht mit meinem Besuch bei unserer Tochter Christin in den USA. Mann, habe ich Probleme! An die habe ich vor einem Jahr nicht zu träumen gewagt. Also doch gut, hier zu sein!
Ach ja, noch ein Wort zu meinem verloren gegangenen Koffer. Der kam am Samstag abend gegen 18:00 Uhr, also rund 48 Stunden nach meiner Ankunft, in Wuhan, an. Dem vorausgegangen waren mehrere Telefonate in chinesischer (die ich natürlich nicht beantworten konnte) und englischer Sprache. Mein Koffer sieht jetzt jedenfalls so aus, als wäre er schon dreimal im Heißluftballon um die Erde gesegelt und dabei mindestens dreimal abgestürzt. Und wer kann das schon von seinem Koffer behaupten?