Bimbo's Blog

22 Juni 2008

Die Sauna ist draussen!

Nun ist es wieder soweit. Die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit erreichen fast wieder Werte, wie sie in Schwerin in der "kühlsten" Sauna herrschen. Der beste Indikator für die Hitze verbunden mit der hohen Luftfeuchtigkeit ist die Tatsache, dass mir die Brille beschlägt, wenn ich aus einem klimatisierten Bus steige. Dann habe ich nur zwei Optionen, entweder ich lauf eine Weile wie blind herum und stoße dauernd mit einem Chinesen zusammen (was nicht schwer ist bei der hohen Dichte an Menschen, die sich durch die Fußgängerbereiche wälzen) oder ich nehme meine Brille ab und laufe kurzzeitig etwas kurzsichtig herum. Beides kommt aber ungefähr auf das Gleiche heraus.
Was war sonst noch so los an diesem heißem Wochenende?
Gestern bin ich dem Tipp eines Kollegen nachgegangen und habe das "Wuhan Scientific and Technology Museum" besucht. Außerdem hatte unsere Sekretärin nach einer Internetrecherche herausgefunden, dass zur Zeit eine Fotoausstellung über das Erdbeben am 12. Mai stattfindet und deshalb der Eintritt frei ist. Dass der Eintritt nichts gekostet hat war natürlich sekundär. Besser hätte ich es gefunden, wenn während der Zeit der Fotoausstellung die Eintrittsgelder für die Erdbebenopfer gesammelt worden wären. In der Fotoausstellung im Erdgeschoß des Museums waren viele Bilder von den Rettungsarbeiten und von der aufopferungsvollen gegenseitigen Hilfe zu sehen. Einige Bilder waren wirklich so emotional und berührend, dass auch ich manchmal weiche Knie bekam. Natürlich wurde mit allen Bilder der chinesische Patriotismus und Nationalstolz beschworen - warum auch nicht. Das eigentliche Museum war eines von der Sorte, wie es sie in vielen westlichen Städten auch gibt. Dort heißen sie dann "Technologiemuseum" oder "Experimentarium". An vielen Modellen werden physikalische Prinzipien anschaulich erklärt und man kann auch oft selbst Hand anlegen. Gerade für Kinder und Jugendlich sehr interessant. Und es hat mich eigentlich gewundert, dass das Museum nur spärlich besucht war. Zumal es Samstag war und die Ausstellungsräume angenehm temperiert waren.
Heute morgen habe ich meine chinesische Bekannte Helen begleitet, weil sie mir erzählte, sie wolle ihren Sohn für einen Englischkurs in den Sommerferien anmelden. Und ich war extrem überrascht, was in der Anmeldestelle dieser Englischschule für ein Gedränge herrschte. Unmassen von Eltern waren bemüht für ihren Nachwuchs zusätzliche Englischkurse für die Sommerferien zu ergattern. Unter dem Motto "The power of summer" wurden aber nicht nur Kurse für Kinder angeboten, sondern Monats-, Quartals- und Halbjahreskurse für jede Altersgruppe und für jede Vorbildung. Das war schon beeindruckend, wie die Menschen Schlange an den Kassen standen um für sich oder ihre Kinder die Kursgebühren zu bezahlen. Hier offenbarte sich wieder mal der Wissensdrang der Chinesen und der Wille, durch Bildung bessere Chancen auf einen guten Job zu haben und damit einen besseren Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie zu erstreiten. Beeindruckend!

07 Juni 2008

Ein deprimierender Spaziergang

An diesem nicht so heißem Samstag hatte ich mir vorgenommen noch einmal in den Park nach Hankou zu fahren, in dem vor einigen Wochen die Wuhaner Blumen-Expo statt fand. Ich hatte den Park in ganz guter Erinnerung, mit seinen vielen Blumen, die auf die vielfältigste Weise arrangiert waren. Heute war ich aber echt enttäuscht und letztlich richtig deprimiert. Alle großen Blumenarangements waren verschwunden, nur hier und da waren Blumen gepflanzt. Nun sah der Park warscheinlich so aus, wie er die meiste Zeit des Jahres aussieht. Was den Park eigentlich besonders reizvoll macht sind seine Teiche, auf denen man mit Paddelbooten und Tretbooten herum fahren kann. Und genau die haben mich richtig gehend schockiert. Die meisten Boote wurden augenscheinlich nur noch durch den Rost zusammen gehalten. Die Tretboote aus Glasfaserplastik waren zum Teil demoliert, kaputt und Farbe hatten sie schon lange nicht mehr gesehen. In Deutschland würde sich niemand in so ein Wassergefährt setzen, geschweige dafür Geld bezahlen. Den Chinesen selbst machte das aber nichts aus. Die ließen sich die Freude nicht verderben und paddelten oder traten lustig drauf los. Und wie üblich flog auch die eine oder andere Plastikflasche über Bord. Um diesen Unrat wieder einzusammeln paddelte extra ein älterer Mann mit einem Käscher bewaffnet über den Teich und räumte den Abfall seiner Landsleute weg.
Im übrigen haben in diesem Park vor nicht allzu langer Zeit auch einige Kinderkarussells funktioniert. Jetzt war kein einziges mehr in der Lage irgendeinem Kind Freude zu bereiten. Alle waren außer Betrieb, mehr oder weniger verrostet und zum Teil von Grünzeug überwuchert. Der Anblick erinnerte mich an den Besuch im Zoo vor ca. einem Jahr. Dort sah es genauso aus.
Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass es hier keine irgendwie gearteten Wartungs- oder Instandhaltungskonzepte gibt. Wenn etwas Neues gebaut wird, dann funktioniert es so lange, wie es halt ohne Instandhaltung auskommt. danach wird es einfach aufgegeben. Das trifft für die Karussells im Park genauso zu wie für Wohnhäuser. Viele Wohnhäuser sehen nach 5 Jahren schon so heruntergekommen aus, das man ihr alter auf mindestens 30 Jahre schätzt. Und auch nach 30 Jahren sieht in Deutschland kein Haus, dass regelmäßig instand gehalten wird, so aus, wie die Wohnhäuser hier nach wenigen Jahren.

02 Juni 2008

Unsichtbare Fackel, ein Meer schwarzer Haare und Politfolklore

Mit diesen Stichworten lässt sich in etwa der gestrige Samstag zusammen fassen. Für Wuhan war es ein großer Tag - die Olympische Fackel sollte durch Wuhan getragen werden. Glücklicherweise führte die Route direkt an unserem Apartmenthaus vorbei und nach langem Recherchieren hatten wir bzw. unsere chinesischen Kollegen auch die Uhrzeit heraus bekommen. Zwischen 8:00 und 9:00 sollte die Fackel unsere Straße passieren. Als ich kurz nach acht mein Apartment verließ vernahm ich schon ein Grundgeräusch so wie in einem vollbesetzten Fussballstadion. Platt war ich allerdings, als ich aus dem Haus kam, ein Meer von chinesischen und Olympiaflaggen wehte über den Köpfen von unzähligen Chinesen. Und das lustige - nur schwarzhaarige Köpfe. Fast jeder hatte sich zusätzlich zu den Flaggen noch mit irgendwelchen Nationalsymbolen geschmückt, viele hatten Stirnbänder mit chinesischen Schriftzeichen auf rotem Grund, andere hatten sich kleine chinesische Flaggen auf die nackte Haut geklebt. Es war absolut unmöglich einen Platz zu ergattern, von dem man die Chance hatte zu sehen, was auf der abgesperrten Fahrbahn vor sich ging. Die Chinesen waren mit allen mögliche Hilfsmitteln bewaffnet, die ihnen in irgendeiner Weise einen erhöhten Standpunkt ermöglichte, Hocker, Stühle, Leitern - praktisch alles, auf das man sich stellen konnte, inklusive der Schultern von Freunden. Spontan wurden Sprechchöre gerufen "China go - Olympia go", die Massen waren einfach aus dem Häuschen. Dass die Fackel immer näher kam, konnte ich nur daran erkennen, dass die Beifallsstürme und Sprechchöre immer lauter wurden. Als dann die Karawane vorbeizog war der Teufel los. Ich konnte zwar nur die oberen Teile der Fahrzeuge sehen, aber um mich herum brodelte es. Vielleicht habe ich auch für den Bruchteil einer Sekunde die Flamme selbst gesehen, aber sicher bin ich mir nicht. Nachdem die Karawane vorüber war, ebbte die Volksfeststimmung natürlich noch nicht ab, jetzt ging die Fotografierorgie erst richtig. Eines der beliebtesten Motive waren die ernst dreinblickenden Jungen der Polizei-Einheiten, die zur Absicherung der ganzen Gaudi abgestellt waren. Sie ließen geduldig kleine und große fotografierwütige Chinesen neben und vor ihnen Stellung beziehen.
Der Samstag abend brachte dann eine etwas andere Polit-Veranstaltung. Wir waren von unserem Partnern ins Theater zu einer Tibet-Tanzshow eingeladen. Als wir in kleiner Besetzung Platz nahmen sahen wir nur keinen unserer chinesischen Kollegen. Wie wir dann gerüchteweiser erfuhren hatten diese keine Lust und haben die Karten, die vom Bauherren gesponsert waren, an uns weiter gegeben. Die ganze Veranstaltung entpuppte sich dann als eine "Danksagung" der Tibeter an die Eisenbahner Chinas für den Bau der Eisenbahn nach Lhasa. Den chinesischen Besuchern der zu etwa 90 Prozent besetzten Veranstaltung gefiel die Veranstaltung augenscheinlich. Nebenbei wurden noch Wuhaner Eisenbahn-Persönlichkeiten geehrt. Uns kam das ganze ziemlich konstruiert und bestellt vor. Wie sagte mein Kollege "Geld hätte ich dafür nicht ausgegeben."